Phaedrus 1.24 Rana rupta et bos
Inops, potentem dum vult imitari, perit.
In prato quondam rana conspexit bovem,
et tacta invidia tantae magnitudinis
rugosam inflavit pellem. Tum natos suos
interrogavit an bove esset latior.
Illi negarunt. Rursus intendit cutem
maiore nisu, et simili quaesivit modo,
quis maior esset. Illi dixerunt 'bovem'.
Novissime indignata, dum vult validius
inflare sese, rupto iacuit corpore.
ÜBERSETZUNG:
Der Schwache geht unter, während er den Starken nachahmen will. Einst
sah ein Frosch auf einer Wiese ein Rind, und berührt durch den Neid auf
eine solche Größe blies er seine runzelige Haut auf. Dann fragte er
seine Geborenen, ob er größer als das Rind wäre. Jene verneinten. Wieder
bleis er seine Haut mit größerer Anstrengung auf und fragte auf
ähnliche Weise, wer größer wäre. Jene nannten das Rind. Nachdem er
schließlich empört gewesen war lag er, als er sich stärker aufblasen
wollte, mit zeplatztem Körper da.
Phaedrus 1.05 Vacca et Capella, Ovis et Leo
Numquam est fidelis cum potente societas.
Testatur haec fabella propositum meum.
Vacca et capella et patiens ovis iniuriae
socii fuere cum leone in saltibus.
Hi cum cepissent cervum vasti corporis,
sic est locutus partibus factis leo:
'Ego primam tollo nomine hoc quia rex cluo;
secundam, quia sum consors, tribuetis mihi;
tum, quia plus valeo, me sequetur tertia;
malo adficietur si quis quartam tetigerit'.
Sic totam praedam sola improbitas abstulit.
ÜBERSETZUNG:
Niemals gibt es treue Freundschaft mit einem Stärkeren: Diese kleine
Fabel beweist meine These. Eine Kuh, eine Ziege und ein Schaf, welches
gewohnt war die Ungerechtigkeit zu ertragen, waren als Gefährten
zusammen mit einem Löwen in den Wäldern. Als diese einen Hirsch von
gewaltigem Körper gefangen hatten, sprach der Löwe, nachdem sie Teile
gemacht hatten, so:"Ich nehme den Ersten, weil ich ja Löwe genannt
werde; den Zweiten werdet ihr mir zuteilen, weil ich ein Gefährte bin;
dann gebührt mir der Dritte, weil ich der Stärkere bin; wenn
irgendjemand den Vierten berührt wird er mit einer Strafe versehen." So
trug die Unverschämtheit/der unverschämte Löwe die ganze Beute alleine
weg.
Phaedrus 1.13 Vulpes et corvus
Quae se laudari gaudent verbis subdolis,
serae dant poenas turpi paenitentia.
Cum de fenestra corvus raptum caseum
comesse vellet, celsa residens arbore,
vulpes invidit, deinde sic coepit loqui:
'O qui tuarum, corve, pinnarum est nitor!
Quantum decoris corpore et vultu geris!
Si vocem haberes, nulla prior ales foret'.
At ille, dum etiam vocem vult ostendere,
lato ore emisit caseum; quem celeriter
dolosa vulpes avidis rapuit dentibus.
Tum demum ingemuit corvi deceptus stupor.
ÜBERSETZUNG:
Wem es gefällt mit hinterlistigen Worten gelobt zu werden/dass er mit
hinterlistigen Worten gelobt wird, erhält schändliche Strafen durch
späte Reue. Als dre Rabe den vom Fenster geraubten Käse fressen wollte,
sich in einem hohen Baum niederlassend, sah diesen ein Fuchs, dann
begann er so zu sprechen:"O welcher Glanz ist deinen Flügeln/welchen
Glanz haben deine Flugel! Wie viel Schmuck trägst du auf deinem Körper
und in deinem Gesicht! Wenn du (noch) eine (schönere) Stimme hättest,
wäre dir kein Vogel überlegen!" Aber jenen Dumme ließ den Käse fallen,
den der listige Fuchs mit gierigen Zähnen raubte,während der Rabe seine
Stimme zeigen wollte. Dann erst/schlißlich säufzte die getäuschte
Dummheit des Raben/der getäuschte, dumme Rabe auf.
Phaedrus 1.1 Lupus et agnus
Ad rivum eundem lupus et agnus venerant,
siti compulsi. Superior stabat lupus,
longeque inferior agnus. Tunc fauce improba
latro incitatus iurgii causam intulit;
'Cur' inquit 'turbulentam fecisti mihi
aquam bibenti?' Laniger contra timens
'Qui possum, quaeso, facere quod quereris, lupe?
A te decurrit ad meos haustus liquor'.
Repulsus ille veritatis viribus
'Ante hos sex menses male' ait 'dixisti mihi'.
Respondit agnus 'Equidem natus non eram'.
'Pater hercle tuus' ille inquit 'male dixit mihi';
atque ita correptum lacerat iniusta nece.
Haec propter illos scripta est homines fabula
qui fictis causis innocentes opprimunt.
ÜBERSETZUNG:
Der Wolf und das Lamm waren, vom Durst angetrieben, zum selben Fluss
gekommen. Weiter oben stand der Wolf und weiter unten das Lamm. Dann
brachte der Räuber, angetrieben durch die böse Fressgier, einen Grund
für einen Streit ein: "Warum", sagte er "machtest du das Wasser trüb als
ich es trank??" Das wolletragende Tier sagte dagegen, obwohl es sich
fürchtete: "Wie kann ich, bitte, machen, was du beklagst, Wolf? Von dir
fließt zu meinen Schlücken das Wasser" Jener wurde mit den Kräften der
Wahrheit widerlegt. " Vor mittlerweile sechs Jahren", sagte er, "hast
du mich beleidigt. Das Lamm antwortete:"Da war ich freilich noch nicht
geboren!" "Beim Herkules",sagte er,"dein Vater hat mich beleidigt.", und
so zerfleischte er das Gepackte durch einen ungerechten Tod.