Donnerstag, 25. Oktober 2012

Der Neidhammel

                                                                                                                                                                       Martial, ep. 9.97

Rumpitur invidia quidam, carissime Iuli,
Quod me Roma legit, rumpitur invidia.
Rumpitur invidia, quod turba semper in omni
Monstramur digito, rumpitur invidia.
Rumpitur invidia, tribuit quod Caesar uterque
Ius mihi natorum, rumpitur invidia.
Rumpitur invidia, quod rus mihi dulce sub urbe est
Parvaque in urbe domus, rumpitur invidia.
Rumpitur invidia, quod sum iucundus amicis,
Quod conviva frequens, rumpitur invidia.
Rumpitur invidia, quod amamur quodque probamur:
Rumpatur, quisquis rumpitur invidia.






ÜBERSETZUNG:




Einer zerplatzt vor Neid, liebster Julius,
 weil Rom mich liest, er zerplatzt vor Neid.
Er zerplatzt vor Neid, weil in jeder Menschenmenge immer
                mit dem Finger auf mich gezeigt wird, er zerplatzt vor Neid.
Er zerplatzt vor Neid, weil beide Cäsaren schenkten
 mir das Dreikinderrecht, er zerplatzt vor Neid.
Er zerplatzt vor Neid, weil ich das nette Landgut nahe der Stadt habe
und ein kleines Haus in der Stadt, er zerplatzt vor Neid.
Er zerplatzt vor Neid, weil ich bei den Freunden beliebt bin,
weil ich ein häufiger Gast bin, er zerplatzt vor Neid.
Er zerplatzt vor Neid, weil wir werden geliebt und geschätzt werden:
Wer auch immer vor Neid zerplatzt, soll zerplatzen.



































Die verkaterte Maus

                                                                                                                     Odo von Cherington, De mure et catto




Mus quondam cecidit in dolium vini vel cervisiae. Cattus transiens audivit murem miserabiliter pipantem, quod exire non potuit. Et ait cattus:"Quare clamas?" Respondit mus: "Quia exire non valeo." Cattus: "Quid dabis mihi, si te extraxero?" Mus: "Quidquid postulaveris." Et ait cattus: "Si te hac vice liberavero, venies ad me, cum te vocavero?" Et ait mus: "Firmiter hoc promitto." Cattus: "Iura mihi!" Et mus iuravit. Cattus murem extraxit et ire permisit.
Semel cattus esurivit et venit ad foramen muris et imperavit ei, ut exiret. Dixit mus: "Non faciam." Ait cattus iratus: "Nonne iurasti mihi?" Respondit mus: "Frater, ebria fui, quando iuravi."



ÜBERSETZUNG:


Einst viel eine Maus in ein Bier-, oder Weinfass. Die vorbeigehende Katzehörte die Maus, die jämmerlich piepste, weil sie nicht hinausgehen konnte. Da sagte die Katze:"Warum rufst du?" Die Maus antwortete:"Weil ich nicht hinaus gehen kann." Die Katze:"Was gibst du mir, wenn ich dich herausziehe?" Die Maus:"Was auch immer du forderst." Da sagte die Katze:"Wenn ich dich dieses Mal befreie, wirst du zu mir kommen, wenn ich dich rufe?" Und die Maus sagte:"Das verspreche ich fest." Die Katze:"Schwöre es mir!" Und die Maus schwor es. Die Katze zog die Maus heraus und erlaubte ihr zu gehen. Einmal war die Katze hungrig und kam zum Loch der Maus und befahl ihr herauszukommen. Die Maus sagte:"Das werde ich nicht tun!" Die zornige Katze sagte:"Hast du es mir nicht geschworen?" Die Maus antwortete:" Bruder, ich war betrunken, als ich es schwor!"


Vor Neid zerplatzt

                                                                                                                         Phaedrus 1.24 Rana rupta et bos

Inops, potentem dum vult imitari, perit.
In prato quondam rana conspexit bovem,
et tacta invidia tantae magnitudinis
rugosam inflavit pellem. Tum natos suos
interrogavit an bove esset latior.
Illi negarunt. Rursus intendit cutem
maiore nisu, et simili quaesivit modo,
quis maior esset. Illi dixerunt 'bovem'.
Novissime indignata, dum vult validius
inflare sese, rupto iacuit corpore. 


ÜBERSETZUNG:


Der Schwache geht unter, während er den Starken nachahmen will. Einst sah ein Frosch auf einer Wiese ein Rind, und berührt durch den Neid auf eine solche Größe blies er seine runzelige Haut auf. Dann fragte er seine Geborenen, ob er größer als das Rind wäre. Jene verneinten. Wieder bleis er seine Haut mit größerer Anstrengung auf und fragte auf ähnliche Weise, wer größer wäre. Jene nannten das Rind. Nachdem er schließlich empört gewesen war lag er, als er sich stärker aufblasen wollte, mit zeplatztem Körper da.

Gerechte Aufteilung

                                                                                                                        Phaedrus 1.05 Vacca et Capella, Ovis et Leo

Numquam est fidelis cum potente societas.
Testatur haec fabella propositum meum.
Vacca et capella et patiens ovis iniuriae
socii fuere cum leone in saltibus.
Hi cum cepissent cervum vasti corporis,
sic est locutus partibus factis leo:
'Ego primam tollo nomine hoc quia rex cluo;
secundam, quia sum consors, tribuetis mihi;
tum, quia plus valeo, me sequetur tertia;
malo adficietur si quis quartam tetigerit'.
Sic totam praedam sola improbitas abstulit.

 

 ÜBERSETZUNG:


Niemals gibt es treue Freundschaft mit einem Stärkeren: Diese kleine Fabel beweist meine These. Eine Kuh, eine Ziege und ein Schaf, welches gewohnt war die Ungerechtigkeit zu ertragen, waren als Gefährten zusammen mit einem Löwen in den Wäldern. Als diese einen Hirsch von gewaltigem Körper gefangen hatten, sprach der Löwe, nachdem sie Teile gemacht hatten, so:"Ich nehme den Ersten, weil ich ja Löwe genannt werde; den Zweiten werdet ihr mir zuteilen, weil ich ein Gefährte bin; dann gebührt mir der Dritte, weil ich der Stärkere bin; wenn irgendjemand den Vierten berührt wird er mit einer Strafe versehen." So trug die Unverschämtheit/der unverschämte Löwe die ganze Beute alleine weg.

Bestrafte Eitelkeit

                                                                                                                            Phaedrus 1.13 Vulpes et corvus

 

Quae se laudari gaudent verbis subdolis,
serae dant poenas turpi paenitentia.
Cum de fenestra corvus raptum caseum
comesse vellet, celsa residens arbore,
vulpes invidit, deinde sic coepit loqui:
'O qui tuarum, corve, pinnarum est nitor!
Quantum decoris corpore et vultu geris!
Si vocem haberes, nulla prior ales foret'.
At ille, dum etiam vocem vult ostendere,
lato ore emisit caseum; quem celeriter
dolosa vulpes avidis rapuit dentibus.
Tum demum ingemuit corvi deceptus stupor.


ÜBERSETZUNG: 

Wem es gefällt mit hinterlistigen Worten gelobt zu werden/dass er mit hinterlistigen Worten gelobt wird, erhält schändliche Strafen durch späte Reue. Als dre Rabe den vom Fenster geraubten Käse fressen wollte, sich in einem hohen Baum niederlassend, sah diesen ein Fuchs, dann begann er so zu sprechen:"O welcher Glanz ist deinen Flügeln/welchen Glanz haben deine Flugel! Wie viel Schmuck trägst du auf deinem Körper und in deinem Gesicht! Wenn du (noch) eine (schönere) Stimme hättest, wäre dir kein Vogel überlegen!" Aber jenen Dumme ließ den Käse fallen, den der listige Fuchs mit gierigen Zähnen raubte,während der Rabe seine Stimme zeigen wollte. Dann erst/schlißlich säufzte die getäuschte Dummheit des Raben/der getäuschte, dumme Rabe auf.